Schloss Elmau: Facility Management auf „höchstem Niveau“

Hintergrundbericht über Schloss Elmau – Luxury Spa Retreat & Cultural Hideaway

„Routine-Auftrag“ für Bad Tölzer MSR-Spezialisten

 

Auf den ersten Blick sieht das nach Routine für eine MSR-Spezialfirma aus:

Die Firma Lax-Elektro aus Bad Tölz wurde von einem ihrer Kunden beauftragt, an einem Standort oberhalb der Ortschaft Klais im Landkreis Garmisch-Partenkirchen in einem Konzertsaal die Steuerung der Lüftungsanlage zu erneuern. Auch in einem „Retreat“ genannten zweiten Gebäude sollten Gebäude- und Raumsteuerungs-Installationen gegen aktuelle Geräte des Steuerungsspezialisten Priva ausgetauscht werden.

Neben dem Raumsteuerungs-System Compri CX kamen bei den anschließenden Arbeiten im Frühjahr 2021 Blue ID-Controller aus der S- und C-Linie zum Einsatz. Für den zuständigen MSR-Spezialisten von Lax-Elektro Hans Schandl gewiss ein „normaler“ Auftrag – schließlich ist sein Unternehmen schon bei vielen namhaften Auftraggebern in ganz Europa tätig geworden: etwa bei den Heizungs- und Lüftungszentralen eines Londoner Hotels und beispielsweise in Bayern bei den Anlagen von Schloss Herrenchiemsee oder des Biathlon-Zentrums Ruhpolding.

 

 

„Elmau delivered“ – Maßstab für die globale Umweltpolitik

 

Auf den zweiten Blick zeigt sich jedoch, dass es sich bei dem Gebäudekomplex am Fuß des Wettersteingebirges, den Lax-Elektro langjährig betreut, keinesfalls um eine „Allerwelts-Immobilie“ geht. Denn bei der „Location“, für deren Gebäudeautomation die Bad Tölzer auch die Fernwartung übernommen haben, handelt es sich um einen Ort, der im Jahr 2015 mit einem Ereignis größter Tragweite im Blickpunkt der Welt-Öffentlichkeit stand.

Es geht um Schloss Elmau, in dem im Juni desselben Jahres der G7-Gipfel wichtiger Staats- und Regierungschefs stattfand. Dabei wurde gemeinsam unter anderem durch den US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel das Ziel der Dekarbonierung der Industriegesellschaften definiert. Diese Zielvorgabe wurde später – im Dezember 2015 – im Rahmen der Pariser Klimakonferenz (COP21) als erste umfassende global rechtsverbindliche Klimaschutzvereinbarung umgesetzt.

Mit „Elmau delivered“ zitierte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) als Fazit der damaligen G7-Zusammenkunft einen Tweet des Greenpeace Energie-Experten Tobias Münchmeyer – die Staatschefs hatten das Umstellen der zukünftigen Energieversorgung zu 100 % auf erneuerbare Energien als gemeinsamen Standard definiert, an dem sich heute jede nationale Umweltgesetzgebung messen muss.

 

 

Schloss-Elmau als „Kultur-Hochburg“

 

Wie kam es, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel als Gastgeberin ausgerechnet das auf einer Höhe von 1.008 Meter liegende Schloss Elmau als Ort für diese „weltgeschichtliche Gipfelkonferenz“ bestimmte? – In ihrer damaligen Presseerklärung schrieb sie, dass für ihre Entscheidung nicht nur die reizvolle Lage mit Blick auf die Alpen entscheidend war. Sie verwies insbesondere auf die kulturelle Tradition und das politische Engagement der Träger von Schloss Elmau zur Vertiefung der Beziehung zwischen Deutschen und Juden sowie der transatlantischen Beziehungen.

Schloss Elmau war ab 1914 auf Initiative des Schriftstellers, Philosophen und Theologen Johannes Müller auf einem Einödanwesen erbaut worden. Nach wechselvoller Geschichte während des Nationalsozialismus konnten die Nachkommen Johannes Müllers – die Familie Mueller-Elmau – Schloss Elmau unter neuen Vorzeichen als moderne kulturelle Institution etablieren: Heute finden hier jährlich mehr als zweihundert musikalische Veranstaltungen statt, wobei neben klassischer Musik internationaler Jazzmusik eine feste Position gesichert wurde. Darüber hinaus finden regelmäßig literarische Veranstaltungen und Symposien statt. Themenschwerpunkte liegen in der anspruchsvollen Auseinandersetzung mit deutscher Ideen- und Kulturgeschichte, Theologie und Philosophie.

 

 

Dramatische Phasen der technischen Modernisierung

 

Soweit der erste Blick auf den Auftraggeber und auf das Objekt hinter dem vermeintlichen „Routine-Auftrag“ von Lax-Elektro. Doch gerade für an Gebäudetechnik Interessierte hat das Schloss eine Vielzahl weiterer „Highlights“ zu bieten.

 

Hierzu konnten wir dem Technik-Leiter von Schloss Elmau Holger Otto kürzlich ein paar Fragen stellen. Dabei ergab sich, dass das Schloss nicht nur eine kulturelle und weltpolitische Geschichte hat, sondern auch über eine interessante „technische“ Historie verfügt. Hier die wesentlichen Fakten vor dem Start unseres Gesprächs:

 

Bei Holger Otto liegt die technische Leitung, seitdem der heutige Mehrheitsgesellschafter Dietmar Mueller-Elmau – Enkel von Johannes Müller – das Schloss übernahm und einen exklusiven Wellness-Tourismus startete. Damit ist Otto seit den 1990er Jahren zuständig u.a. für die Gebäudeausstattung, die laufende Anpassung sowie die Optimierung der Gebäudeautomation. Diese vollzog sich in Phasen, die sich teilweise „dramatisch“ gestalteten:

 

In der ersten Modernisierungs-Phase der Gebäudeausstattung musste das während des ersten Weltkriegs gebaute und 1916 eröffnete Schloss ab 1997 saniert werden. Parallel waren zeitgemäße Schaltschränke zu installieren und vollkommen veraltete Steuerungen auszutauschen – laut Holger Otto eine besondere Herausforderung: „In den damaligen Technikräumen sah es so aus, wie in Steuerzentralen von Ubooten aus der Zeit Anfang des Jahrhunderts.“

 

Schicksalhaftes Jahr 2005: Im August ereignete sich ein Großbrand. – Schloss Elmau wurde massiv geschädigt und musste weitgehend abgerissen werden. Immerhin war der historische Konzertsaal erhalten geblieben.

 

Bereits im Frühjahr des Folgejahres begann der Wiederaufbau, für den 40 Millionen Euro aufgewendet wurden. Am 21. Juni 2007 – nach 14-monatiger Bauzeit – hieß es dann: „Schloss Elmau wurde in neuer Großzügigkeit als Luxury Spa & Cultural Hideaway und Mitglied der Vereinigung exklusiver Hotels ‚Leading Hotels of the World’“ eröffnet. Seither ist das Hotel vielfach von nationalen und internationalen Medien ausgezeichnet worden.

 

Für die Gebäudeausstattung und – automation markierte diese Brandsanierung ein wichtige Ausbau-Phase: Holger Otto ließ von Ingenieurbüros eine neue Gebäudesteuerungstechnik planen und von der Firma Lax-Elektro einbauen.

 

Durch einen Neubau in den Jahren 2013 bis 2015 erfuhr Schloss Elmau eine wesentliche Erweiterung: Das sogenannte „Schloss Elmau Luxury Spa Retreat“ kurz „das Retreat“ – ein großzügiges weiteres Hotelgebäude – wurde am 21. März 2015 fertiggestellt. Im Rahmen der Veranstaltung des beschriebenen G7-Gipfels 2015 diente es als Residenz für die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland. – Bereits ab dem Jahr 2014 wurde die Infrastruktur in der Umgebung des Hotels ausgebaut: Straßen wurden asphaltiert und Straßengräben angelegt. Später wieder rückgebaute Anlagen waren u.a. ein Hubschrauberlandeplatz sowie eine 8 km lange Sicherheitszone für den Einsatz von etwa 20.000 Polizisten.

 

Interview mit dem technischen Leiter Holger Otto

Herr Otto – Sie sind unter anderem für zwei Hotels und Nebengebäude zuständig. Offenbar befindet sich rund um diese Anlage alles auf „höchstem Niveau“: Die Lage in den Bergen, anspruchsvoller Gebäudekomplex, mehrteilige Hotelanlage mit Außengelände, Sportstätten, Betreiben von Wellness-Oasen u. a mit Pools, Saunen; Konzert- und Veranstaltungs-Location – und vor allem: ein anspruchsvolles Publikum.

 

Wo sehen Sie die wesentlichen Herausforderungen für sich selbst und Ihr Team – insbesondere bei der Steuerungstechnik?

 

„Stellen Sie sich eine Infrastruktur vor, die so komplex ist, als müsste die Bevölkerung einer Kleinstadt versorgt werden. Wir haben es mit einem ausgedehnten Gebäudekomplex zu tun – dem Schloss, dem Retreat, ein ehemaliges Gasthaus mit Ferienwohnungen, einer Alm nebst gastronomisch genutztem weiterem Gebäude. Insgesamt kontrollieren wir ein Gelände von 125 ha. – die Fläche von ca. 175 Fußballfeldern.

 

Anschaulich wird das auch daran, dass in dem Gebäudekomplex insgesamt ungefähr 50 Technik- und Unterverteilungsräume angelegt wurden: zum Betrieb von Kälte-Heizung-Klima-Strom- und Notstrom-Versorgungs-Anlagen, zur Aufnahme von Unterverteilern usw. Diese Räume müssen laufend von mir und von meinen Mitarbeitern kontrolliert und begangen werden. Wir wollen frühzeitig feststellen, ob möglicherweise irgendwo ein Überlastschutz gegriffen hat und eine Anlage gegebenenfalls neu angefahren werden muss. Oder ob sich irgendwo ein technisches Problem abzeichnen könnte. Wenn beispielsweise irgendeine Pumpe Geräusche macht, die Indikator für einen Schaden sein kann, bevor ein Messinstrument eine Leistungsabweichung anzeigt und ein Alarm ausgelöst wird.“

 

 

Wie groß ist Ihre technische Mannschaft?

 

„Unsere Mannschaft umfasst acht Kollegen. Allein zwei sind für die IT zuständig. Vier Mitarbeiter vertreten Sanitär und Elektrotechnik und zwei Landschaftsgärtner vervollständigen das Team. Dazu kommt noch die Hilfe von außen – wie beispielsweise die Firma Lax-Elektro, die auch für die Fernwartung zuständig ist.“

 

 

Im Rahmen einer der letzten Modernisierungen Ihrer Gebäudeautomations-Lösung wurde die MSR-Technik des Konzertsaals aktualisiert, in dem jedes Jahr Hunderte von Auftritten stattfinden. Was hatte es damit auf sich?

 

 

„Der Konzertsaal benötigt eine möglichst präzise Klimatisierung. Wärme und Luftqualität müssen beispielsweise auf Anzahl der Personen im Publikum abgestimmt sein. Ursprünglich wurde der Saal von unten her mit einer Motor- und Keilriemen-angetriebenen Belüftungsanlage mit Luft versorgt. Heute läuft hier eine Anlage, die den Konzertsaal möglichst bedarfsgerecht umfassend klimatisiert. Die Mitarbeiter der Kulturabteilung können abhängig vom Besucheraufkommen die Leistung stufenweise steuern – je nachdem ob die Publikumsplätze etwa zu 30 – 40% oder gar vollbelegt sind. Es ist aber auch möglich, eine automatische Steuerung zu wählen. Und eine weitere Besonderheit ist wichtig: Regelmäßig werden Auftritte und Darbietungen für Veröffentlichungen professionell aufgezeichnet – etwa für die Produktion von Tonträgern. Für solche Fälle bietet die Anlage einen Flüsterbetrieb, der verhindert, dass die Aufnahme-Qualität durch Geräuschentwicklung der Klimatisierungsanlagen beeinträchtigt wird.“

 

Bei Ihnen treten Musiker auf höchstem internationalem Niveau auf. Wahrscheinlich bekommen Sie es dadurch mit gesteigerten „persönlichen“ Ansprüchen zu tun. Wie stellen Sie sich auf diese besonderen Anforderungen ein?

 

„Im Detail: Häufig treten bei uns Klaviervirtuosen auf. Um den besonderen Erwartungen dieser Musiker gerecht zu werden, reicht es nicht aus, einen Flügel bzw. ein Konzertklavier eines einzigen Herstellers bereitzuhalten. Jeder Virtuose hat seine eigenen Klangvorstellungen. Deshalb halten wir drei Instrumente vor. Während des Klavier-Konzerts, befinden sich zwei nicht benutzte Instrumente im Backstage-Bereich. – Auch auf Künstler, die ihre empfindlichen Saiteninstrumente dabeihaben, sind wir eingestellt. Wir halten mobile Klimageräte bereit, die während des Aufenthalts der Musiker in unseren Räumlichkeiten die notwendige optimale Luftfeuchtigkeit sicherstellen.“

 

Die Hotelleitung legt großen Wert auf Nachhaltigkeit. Ist spürbar, dass die Hotelgäste sich in diesem Zusammenhang für entsprechende technische Energie- und Wärme-Lösungen im Schloss Elmau interessieren?

 

„Unter anderem nutzen wir ein eigenes Heizkraftwerk mit einer 850 kW-Biomasse-Kesselanlage von der Firma Mawera – betrieben mit Hackschnitzel-Holzabfällen aus der Region. Hier fragen Gäste regelmäßig Führungen nach und bestaunen unseren Bunker mit 200 m3 Schüttraum. Was regenerative Energie angeht, ist unser Wasserkraftwerk mit drei Francis-Turbinen insgesamt 85 kW zu erwähnen.

 

Bei uns kommt auch ein Blockheizkraftwerk – betrieben mit Ferngas – zum Einsatz: die Wärmeleistung liegt bei 350 kW, die elektrische Leistung bei 230 kW. Der nächtliche Energie-Überschuss der Anlage geht im Augenblick noch ins öffentliche Netz. Für die Zukunft ist geplant, diese Energie für den Betrieb von E-Mobil-Ladesäulen zu nutzen und mit einer Energie-Speicherlösung zu betreiben, um keinen Strom mehr in das öffentliche Netz speisen zu müssen. Geplant ist weiterhin der Bau einer Photo-Voltaik-Anlage auf dem Dach der gerade entstehenden neuen Pool-Anlage.“

 

 

Mit Blick auf solche Bau-Maßnahmen: Wie werden die damit verbundenen Arbeiten in den Betrieb der Hotelanlage integriert – gerade mit Blick auf Ihr exklusives Publikum?

 

„Wichtig ist, Arbeiten möglichst genau mit den Gäste-Erfordernissen abzustimmen und zu takten. Das ist Routine. Der Hotel- und Veranstaltungsbetrieb läuft das ganze Jahr über. Und immer gibt es etwas Neues, das einzubauen, oder etwas, das weiter zu optimieren ist. Besser regelmäßig auf den besten Stand bringen, als Technik zu vernachlässigen und irgendwann wegen sich häufender Mängel ein Sanierungsfall zu werden. – Zwar bekommen Gäste schon einmal mit, dass gebaut wird: Mein Eindruck ist, dass sie das gerne akzeptieren, wenn sie nicht unmittelbar gestört werden. Schließlich schätzen sie die verbesserten Möglichkeiten durch ständig modern gehaltene Anlagen.“

 

 

Mit Blick auf Ihr Anliegen, Ihre Technik stets zu optimieren: Was erwarten Sie im Zusammenhang mit Ihrer Gebäudeausstattung von einer guten Automations-Lösung – etwa von den Lösungen, die Lax-Elektro für Sie realisiert?

 

„Grundsätzlich soll stets gewährleistet sein, dass die Anlagen laufen. Darüber hinaus darf die Bedienung nicht kompliziert und soll stattdessen übersichtlich sein. Wenn es einmal Schwierigkeiten an einer Anlage gibt, kommt es darauf an, dass wir selbst möglichst etwas machen können, bevor es etwa zu einem Funktionsausfall kommt. Was ich in diesem Zusammenhang schätze, ist die gut funktionierende Störungs-Weiterleitung, bei der die Alarmmeldungen auf das Handy gehen und per E-Mail weitergeleitet werden. Parallel sendet das System die Alarme an die Lax-Elektro-Mitarbeiter, die bei Bedarf per Fernwartung eingreifen können.“

 

 

Herr Otto – vielen Dank für das Gespräch!

 

Veröffentlicht in: TGA (Technische Gebäudeausrüstung), Wien

 

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